Das Team des Europäisch-Ökuemnischen Studienkurses im Konsistorium in Tallin

Das Team des Europäisch-Ökuemnischen Studienkurses im Konsistorium in Tallin

Bild: Remus Marian

Estland

Zwischen Tradition und Transformation

Vom 18. bis 22. Oktober 2023 war das Team des Europäisch-Ökumenischen Studienkurses zu Gast bei der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche. Das dient der Pflege und Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen.

Jedes zweite Jahr verbindet das internationale ökumenische Team die Kursvorbereitung mit dem Besuch in einer europäischen Kirche, aus der Teilnehmende des Studienkurses entsendet werden. Das dient der Pflege und Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen, vor allem aber auch dazu, aufmerksam zuzuhören, welche Themen die beteiligten europäischen Kirchen bewegen und vor welche Herausforderungen sich Land und Leute gestellt sehen. Die Erfahrungen fließen in die Ausgestaltung der Studienkurse ein und sensibilisieren die Mitglieder des Leitungsteams für die Lebenswelten der Teilnehmenden.

Vom 18. bis 22. Oktober 2023 war das Team zu Gast bei der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, die im Vorjahr die Einladung nach Tallinn ausgesprochen hatte. Untergebracht in den Gästehäusern der Heilig-Geist-Gemeinde und des Theologischen Instituts, arbeitete das Team im Hauptsitz der EELK auf dem Tallinner Domberg am Thema des nächstjährigen Studienkurses. Die Arbeit war eingebettet in Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Kirchenleitung, das Kennenlernen von diakonischen Projekten, u.a. des beeindruckenden Engagments der EELK in der Unterstützung und Seelsorge für Geflüchtete aus der Ukraine, und dem Besuch ausgewählter Gemeinden.

Gespräche mit dem amtierenden estnischen Erzbischof Urmas Viilma, Kadri Elisabeth Põder, Referentin für internationale und ökumenische Beziehungen, weiteren Mitgliedern des Konsistoriums sowie ehemaligen Teilnehmern des Studienkurses, Pfarrer Urmas Karileet (Käsmu) und Pfarrer Ants Tooming (Tartu), boten die Gelegenheit, sich intensiv auszutauschen und sich ein Bild der kirchlichen Arbeit in einer Gesellschaft zu machen, in der offiziell 71 Prozent der Menschen keiner Religion angehören.

Das Team informierte aus erster Hand über den Kurs und seine Bedeutung für die ELKB und ihre europäischen Partnerkirchen. Erzbischof Viilma betonte u.a. die wichtige Funktion des Ökumenischen Rats der estnischen Kirchen, in dem 10 Mitgliedskirchen vertreten sind und auf diese Weise ein bedeutsames Gegenüber zum estnischen Staat bilden. Er unterstrich, auch im Hinblick auf die voranschreitende Säkularisierung, den hohen Stellenwert einer starken europäischen Ökumene auch für seine Kirche.

Kadri Eliisabet Põder, Referentin für internationale und ökumenische Beziehungen der Evanglisch-Lutherischen Kirche Estlands

Bild: Albin Hillert

Kadri Eliisabet Põder, Referentin für internationale und ökumenische Beziehungen der Evanglisch-Lutherischen Kirche Estlands (EELK)

Mittwoch, 18.10.2023

Dank der sorgfältigen und umsichtigen Vorbereitung von Kadri Eliisabet Põder, Referentin für internationale und ökumenische Beziehungen der Evanglisch-Lutherischen Kirche Estlands (EELK), ist die Gruppe gut angekommen, untergebracht in den Gästehäusern der Heilig-Geist-Gemeinde und des Theologischen Instituts der EELK, und hervorragend umsorgt. Das Team hat die Ehre im über 300 Jahre alten Hauptsitz des Konsistoriums der EELK auf dem Tallinner Domberg den historischen Sitzungssaal für die Arbeit nutzen zu dürfen. Gemeinsam mit Pfr. Urmas Karileet, Teilnehmer der EELK am Studienkurs 2022, starten wir mit einem gemeinsamen Gebet in der Hauskapelle um Frieden und den Segen für unsere Kirchen in die Arbeit.

Die die EELK Gruppen für Menschen mit intelektuellen Einschränkungen oder engagiert sich in der Familien- und Jugendberatung.

Bild: Albin Hillert

Jugendliche chillen am Sofa

Im Gespräch mit Vertreter*innen des Konsistoriums der EELK

Donnerstag, 19.10.2023

Umringt von den Porträts der Bischöfe, die an die Geschichte der Lutheraner in Estland erinnern, die bereits 1520 ihren Anfang nahm, kommen wir nach Vorstellung des Studienkurses und seiner Geschichte ins Gespräch mit Frau Kadri Põder und Kolleginnen. Diakonie und Sozialarbeit Frau Kadri Kesküla, Geschäftsführerin der EELK-Stiftung für Diakonie und Sozialarbeit, führt in das Engagement der EELK in diesem Bereich ein: Nach der Unabhängigkeitserklärung Estlands von der Sowjetunion 1991, verfielen vor allem im zentralen Osten des Landes nach und nach zahlreiche sozialistische Betriebe. Große Industrieanlagen, in denen häufig russischstämmige Menschen arbeiteten, wurden geschlossen. Zurück blieben entwurzelte, verarmte Familien ohne Perspektive.

In einer dieser vormaligen Geisterstädte unterstützt die Estnische Kirche ein Therapie- und Resozialisierungszentrum: Suchtkranke, häufig eheamlige Häftlinge oder Menschen im offenen Vollzug, finden dort über verschiedene Programme zu einer neuen Perspektive und zu neuem Selbstbewusstsein. Anderenorts betreibt die EELK Gruppen für Menschen mit intelektuellen Einschränkungen oder engagiert sich in der Familien- und Jugendberatung. Es gibt einige solcher Gruppen in Estland, die von der Diakonie betrieben oder unterstützt werden.

Pfarrerin Rev. Annely Neame, Leiterin des Seelsorgeteams und Projektmanagerin für „Mission 112“ im Konsistorium der EELK

Bild: Remus Marian

Pfarrerin Rev. Annely Neame, Leiterin des Seelsorgeteams und Projektmanagerin für „Mission 112“ im Konsistorium der EELK

Flüchtlingshilfe

Pfarrerin Rev. Annely Neame, Leiterin des Seelsorgeteams und Projektmanagerin für „Mission 112“ im Konsistorium der EELK, berichtet von den turbulenten und teils chaotischen Tagen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Dass der Einmarsch am 24. Februar 2022 mit dem Unabhängigkeitstag Estlands zusammenfiel, deutet sie - ob Zufall oder Kalkül Russlands - als bedrohliches Zeichen. Estland hat sich als kleines Land enorm solidarisch gezeigt und anfangs rund 130.000 Geflüchtete aufgenommen, das entspricht in etwa 10 Prozent seiner Gesamtbevölkerung. Davon sind 70.000 geblieben, mehrheitlich Frauen, 20.000 sind Kinder und Jugendliche.

Mit außerdordentlichem Engagement und hoher Professionalität wurden in kürzester Zeit in allen größeren Städten ankommende Busladungen voller Menschen auf die nach COVID noch größtenteils leerstehenden Hotels verteilt. Zunächst ging es um eine sichere Zuflucht, die Schaffung hygienischer Bedingungen und die Ernährung der Menschen. Schon bald wurden in ökumenischer Zusammenarbeit Seelsorge-Eiheiten organisiert. Wie bei nahezu allen gesellschaftsdiakonischen Aktivitäten, so spielte auch hier der Ökumenische Rat der Kirchen in Estland eine bedeutende Rolle als wichtiges Gegenüber zu einer religions- und kirchenskeptischen Regierung in einem der am meisten säkularen Länder Europas (26 Prozent der Bevölkerung gehören offiziell einer der christlichen Kirchen an).

Die anfängliche staatliche Skepsis, die Hilfe könnte mit missionarischen Absichten verbunden sein, wich dem Respekt gegenüber dem zupackenden Engagement, das die Beziehung und das Vertrauen zwischen Staat und Kirchen gestärkt hat: Die Krise führte alle Beteiligten in eine Art Crashkurs in Vertrauensbildung, die sich nachhaltig positiv auf die Anerkennung der Rolle der Kirche gegenüber dem Staat im Bereich der sozialdiakonischen Arbeit ausgewirkt hat.

Die Stärke der kirchlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger erweist sich in ihrer Kraft, zuzuhören, da zu sein und miteinander auszuhalten, was die geflüchteten und teils traumatisierten Menschen belastet. Auffallend ist, dass der Anteil von Fällen von Burnout bei dieser Gruppe der Seelsorgenden signifikant niedriger ist, als bei anderen Unterstüzungsleistenden, das meldeten staatliche Stellen zurück. Gleichzeitig engagierte sich die EELK im Aufbau von Covision und Supervision für die Seelsorgenden. Heute arbeiten die meisten Seelsorger*innen in diesem Feld ehrenamtlich, 20 Vollzeitstellen werden immerhin vom Staat finanziert. (VN)

Begegnung mit Erzbischof Urmas Viilma

Bild: Albin Hillert

Begegnung mit Erzbischof Urmas Viilma

Begegnung mit Erzbischof Urmas Viilma

Im Gespräch mit dem amtierenden estnischen Erzbischof Urmas Viilma, Kadri Põder und einem ehemaligen Teilnehmer des Studienkurses, Pfarrer Urmas Karileet aus Käsmu, hatten wir die Gelegenheit zu einem intensiven, 90 Minuten langen Austausch. Das Team des Studienkurses stellte sich vor und informierte aus erster Hand über die Bedeutung des Studienkurses für die ELKB und ihre europäischen Partnerkirchen sowie die Inhalte und Strukturen der zehntägigen Begegnung in Josefstal. Wir unterstrichen den Stellenwert des ökumenischen und internationalen Austausch über unsere verschiedenen Kulturen und Traditionen hinweg.

Auch Kadri Põder, die im Rahmen ihrer Tätigkeit als Ökumenebeauftragte seit 2005 estnische Teilnehmer:innen zum Studienkurs entsendet, bekräftigte, wie erfüllt und bereichert diese wieder zurückkehrten. Pfarrer Urmas Karileet bestätigte dies und bezeichnete es als großes Glück, sogar zweimal beim Kurs teilnehmen können. Er lobte die hohe Qualität der Inhalte des Kurses und die professionelle Arbeit des Teams.

Erzbischof Viilma gab einen Überblick über die Geschichte der EELK, die mit der Christianisierung in Estland im dreizehnten Jahrhundert begann. Im sechzehnten Jahrhundert wurde das Luthertum durch den deutschen Landadel, die so genannten Deutsch-Balten, nach Estland gebracht. Die Esten, die seit dem 14. Jahrhundert immer mehr in die Abhängigkeit des deutschen Adels gerieten, mussten ihn annehmen. Nach dem zweiten Weltkrieg löste sich zwar dieses Spannungsverhältnis durch Auswanderungen der Deutsch-Balten, was Bestand hat, ist aber eine kritische Grundhaltung dem lutherischen Glauben gegenüber, die sich auch noch heute in den Mitgliederzahlen der Kirche zeigt: lediglich zwanzig Prozent der 1,3 Millionen Estinnen und Esten bekennen sich zum Christlichen Glauben, davon sind acht Prozent lutherisch und 12 Prozent orthodox. Derzeit bezeichnen sich 71 Prozent der Esten als nicht religiös; in Umfragen, so Viilma, sei wahrzunehmen, dass die Zahl der Atheisten sinkt und die Zahl derjenigen, die sich als „irgendwie gläubig“ bezeichnen, steige. Er beobachte eine „positiv-neutrale“ Haltung der Mehrheit der Menschen gegenüber der Kirche.

Angesprochen auf seine Perspektive auf das Thema des nächstjährigen Studienkurses („Alter Wein – neue Schläuche – Tradition und Transformation in den christlichen Kirchen“, betonte Erzbischof Viilma die enorme Wichtigkeit des Ökumenischen Rats der estnischen Kirchen, in dem 10 Mitgliedskirchen vertreten sind und auf diese Weise ein bedeutsames Gegenüber zum estnischen Staat bilden. Dieser finanziert den Rat der Kirchen, der sich monatlich trifft und intensiv zusammenarbeitet. Unter anderem hat es der Ökumenische Rat der Russisch-Orthodoxen Kirche ermöglicht, die Erklärung zum Ukrainekreg zu unterschreiben, was insbesondere für die 20 Prozent russischstämmige und -sprachige Bevölkerung wichtig ist. Im Hinblick auf die voranschreitende Säkularisierung Europas ist Erzbischof Viilma eine gute Kooperation zwischen den christlichen Kirchen und eine starke Ökumene äußerst wichtig. (TP/IA/ES)

Besuch der Bethel Gemeinde und ihres Straßenkinderprojekts

Bild: Napiletzki

Besuch der Bethel Gemeinde und ihres Straßenkinderprojekts

Besuch der Bethel Gemeinde und ihres Straßenkinderprojekts

Das Bethel's Center of Pastoral Care ist eine Organisation, die sich um Straßenkinder kümmert und wird geleitet von Direktor Mati Sinisaar. Die Einrichtung stellte Frau Mirjam Niiliskdie vor. Sie ist in der Bethel Lutheran Church untergebracht und nutzt Teile des Kirchengebäudes (Obergeschoss und Keller). Es wurde auf Initiative eines Gemeindemitglieds gegründet, das die Notwendigkeit erkannte, einer Reihe von Kindern zu helfen, die auf sich allein gestellt in einem Wohngebiet in Tallinn lebten, das für die Arbeiter einer Schiffsgesellschaft gebaut worden war, die von den russischen Eigentümern nach der Unabhängigkeit Estlands geschlossen worden war.

Aufgrund eines Abkommens zwischen den USA, der UdSSR und Estland wurden die Arbeiter mit russischem Hintergrund finanziell unterstützt, wenn sie nach Russland umziehen wollten, und viele Arbeiter nutzten diese Möglichkeit und erhielten das Geld, wurden zusammen mit ihren Kindern aus der Liste der estnischen Staatsbürger gestrichen, verließen das Land aber nicht wirklich. Der Staat kontrollierte diesen Prozess nicht, und viele Eltern vernachlässigten aufgrund ihrer Alkohol- und Drogenprobleme ihre Kinder, von denen viele in selbstorganisierten Gruppen in den Ruinen der Industrieanlagen auf sich alleine gestellt lebten.

Die Bethel-Kirche kümmerte sich zunächst um die Kinder, indem sie ihnen Lebensmittelpakete brachte, dann lud sie sie zu Sommercamps ein und schließlich renovierte sie mit Hilfe älterer Kinder das Kirchengebäude, um einen Raum zu schaffen, in dem sie tagsüber und später auch über Nacht bleiben konnten. Die Übernachtungen waren von Anfang an an die Bedingung geknüpft, dass die Kinder die Schule besuchen würden. Die Kinder waren sehr an diesem Angebot interessiert, weil es ihnen einen sicheren Raum bot, aber sie hatten große Schwierigkeiten mit der Auflage, die Schule zu besuchen, so dass viele von ihnen die Schule verließen und später immer wieder zurückkehrten. Die Arbeit mit diesen Kindern nahm immer mehr zu, und es wurde eine unabhängige Organisation gegründet, um die Arbeit von der Gemeinde zu übernehmen, die nicht weiter die Verantwortung für die Aktivitäten übernehmen wollte, die nicht alle gesetzlichen EU-Normen für Kinderbetreuungseinrichtungen erfüllen konnten.

Die Organisation verweist heute auf mehr als 360 Kinder, die sie aufgenommen hat, von denen heute mehr als 300 erwachsen sind und sich recht gut entwickeln, während mehr als 40 die Organisation verlassen haben und entweder gestorben sind (vor allem an Drogenmissbrauch) oder heute obdachlos sind. Die Organisation kämpft immer noch ums Überleben, obwohl sie nicht alle gesetzlichen Standards erfüllt, aber sie hat auch immer noch viele neue Kinder, die Hilfe aus Familien suchen, in denen die Eltern nicht in der Lage sind, für sie zu sorgen. Die Organisation organisiert auch Sommerlager auf der Insel Saaremaa für die Kinder und bietet Bibelstunden (auf freiwilliger Basis) an. Sie wird durch Spenden und ehrenamtliche Arbeit unterstützt, insbesondere von einer methodistischen Gemeinde, die auch die Bethel-Kirche für ihre Gottesdienste nutzt.

Besuch in Tartu -Pfarrerin Dr. Triin Käpp in der Johanniskirche

Bild: Napiletzki

Besuch in Tartu -Pfarrerin Dr. Triin Käpp in der Johanniskirche

Besuch in Tartu

Freitag, 20.10.2023
Am Freitag stand ein ganztägiger Besuch in Tartu auf dem Programm, der von dem Teilnehmer des Josefstal-Studienkurses 2023, Pfarrer Ants Tooming, für uns vorbereitet wurde. Am Morgen besuchten wir die Evangelisch-Lutherische Johanniskirche und wurden dort von Pfarrerin Dr. Triin Käpp begrüßt. Die Johanniskirche ist eine der ältesten Kirchen Estlands und zeichnet sich durch zahlreiche Terrakotta-Skulpturen aus. Während des Zweiten Weltkriegs wurde diese Kirche durch Bombenangriffe weitgehend zerstört und blieb während der sowjetischen Besetzung Estlands eine Ruine. Der Wiederaufbau begann erst 1989 und wurde größtenteils durch Spenden finanziert. Im Jahr 2005 wurde die Kirche wieder eingeweiht.

Heute ist die Kirche in ihrem rohen und unvollendeten Erscheinungsbild eine wichtige Touristenattraktion und wird häufig für kulturelle Zwecke wie Konzerte oder Theateraufführungen genutzt. Diese Multifunktionalität wird durch die mobile und sparsame Ausstattung der Kirche erleichtert. Die Gemeindemitglieder sind größtenteils Akademiker von der Universität Tartu, was die Vorbereitung der Predigten besonders anspruchsvoll macht, so Pfarrerin Dr. Triin Käpp.

Zum dem Thema des nächstjährigen Kurses: "Alter Wein - neue Schläuche – Tradition und Transformation in christlichen Kirchen", sagte die Pfarrerin, dass dies ein tägliches Element ihrer Arbeit in dieser Kirche sei, nämlich die Hoffnung auf Erneuerung und die Transformation der Vergangenheit, für die diese Kirche ein Symbol sei, in neue und verständliche Formen der Verkündigung des Evangeliums. (ES) Besuch der Theologischen Fakultät der Universität Tartu Während unseres Besuchs in Tartu, der zweitgrößten Stadt Tallinns, hatten wir auch die Gelegenheit, die Fakultät für Theologie und Religionswissenschaft der Universität Tartu zu besuchen. Wir wurden von Prof. Atko-Suhann Remmel, außerordentlicher Professor für Religionswissenschaft, begrüßt, der uns die Struktur der Fakultät vorstellte, die aus mehreren "Lehrstühlen" besteht, aber mehr in Forschungsteams als in einzelnen Professuren wie in Deutschland organisiert ist und in zwei Abteilungen, eine für Theologie und eine für Religionswissenschaft, mit weitgehend gleicher Personalstärke unterteilt ist. Die Schule konzentriert sich hauptsächlich auf die Forschung und bietet Studienprogramme zu Religion und Theologie für ein breiteres Publikum an; die akademische Ausbildung von Pfarrern wird eher der theologischen Akademie in Tallinn überlassen, die von der lutherischen Kirche betrieben wird.

Sankt Thomas Gemeinde in Saku

Bild: Iveta Apostu Starcova

Sankt Thomas Gemeinde in Saku

Sankt Thomas Gemeinde in Saku

Samstag, 21.10.2023 
In Saku, einem kleinen Ort, etwa 20 km entfernt, vereinbarten die Norwegischen Missionsgesellschaft (NMS) und die Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche im Jahr 2011 ein Gemeindegründungsprojekt, das von den norwegischen Kirchengemeinden Torsnes, Gamlebyen und Borge unterstützt wird. Das Projekt läuft noch bis Ende 2025. Danach soll sich die Gemeinde in Saku voraussichtlich selbst tragen.

Das Team des Studienkurses traf Pastor Magne Mølster, der im Auftrag der NMS die Gemeinde in Saku leitet und beim Aufbau unterstützt: eine der jüngsten neu aufbrechenden Gemeinden Estlands (2013), mit einem neuen, sich noch im Bau befindenden Kirchengebäude, das das alte kleine Versammlungshaus, das noch aus vorsozialistischer Zeit der Gemeinde stammte. Magne Mølster erzählte vom Wiederaufbau der Gemeinde und berichtete begeistert über das blühende Gemeindeleben mit vielen engagierten Ehrenamtlichen.

Es gibt Babysingen, Konfirmandenarbeit, Spendensammlungen für die Ukraine, Gottesdienste und Kindergottesdienste. Im Keller befinden sich Räumlichkeiten für eine Kita, Matratzen für Pilgernde, die auf dem Jakobsweg unterwegs sind, und Platz für Treffen Geflüchteter. Jeden Sonntag kommen circa vierzig Menschen in den Gottesdienst. Die Gemeinde zählt circa 280 Personen, jedoch gibt es in Estland keine Kirchensteuer und alles basiert auf freiwilligen Spenden. Laut Magne Mølster sind ein Drittel der „Gemeinde“ kaum sichtbar, ein Drittel kommt hin und wieder und ein Drittel ist regelmäßig und aktiv am Gemeindeleben beteiligt und spendet entsprechend.

Beeindruckt hat uns Magnes Leidenschaft und das Engagement, das scheinbar zum Gedeihen der Gemeinde beiträgt. Er selbst bezeichnet sich als liberale Führungspersönlichkeit. Offensichtlich ist seine Gabe, das Potential in Menschen zu entdecken und ihnen den Raum zu eröffnen, sich auf ihre Weise mit ihren Interessen einzubringen. Dabei setzt er auf Partizipation der Gemeindeglieder, auch bei anstehenden Entscheidungen. Wir sangen gemeinsam estnische Lieder und tauschten uns aktiv über das Thema das Europäisch-Ökumenischen Studienkurses 2024 aus. (TP)

Das Team des Europäisch-Ökuemnischen Studienkurses im Konsistorium in Tallin

Bild: Remus Marian

Das Team des Europäisch-Ökuemnischen Studienkurses im Konsistorium in Tallin

Dank und Ausblick

Das Team des Europäisch-Ökumenischen Studienkurses dankt im Namen der ELKB und Oberkirchenrat Michael Martin Erzbischof Urmas Viilma für die Möglichkeit, die estnischen Glaubensgeschwister besuchen zu dürfen und Kadri Eliisabet Põder, Referentin für internationale und ökumenische Beziehungen, für die gastfreundliche Aufnahme im Konsistorium der Estnisch-Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tallinn und ihre fachkundige und warmherzige Begleitung der Gruppe. Mit Vorfreude blicken wir dem 55. Europäisch-Ökumenischen Studienkurs entgegen, der vom 3. bis 12. Juni 2024 in Josefstal stattfinden wird: „Alter Wein – neue Schläuche – Tradition und Transformation in den christlichen Kirchen“ und freuen uns auf die Delegierten, u.a. aus der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche.

06.12.2023
ELKB/Volker Napiletzki

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